Online-Veranstaltung am 27. April 2023 – 13:00 -15:30 Uhr
Am 27. April fand die Online-Veranstaltung „Was umgehen mit leerstehenden Einzelhandelsimmobilien?“ statt. Die Diskussionsrunde wurde durch den Handelsverband Berlin-Brandenburg, das Städteforum Brandenburg, die IHK Potsdam, die IHK Cottbus und die IHK Ostbrandenburg im Rahmen des Brandenburger Bündnisses für lebendige Innenstädte ausgerichtet.
Rund 80 Veranstaltungsteilnehmerinnen und -teilnehmer diskutierten gemeinsam die Herausforderungen und mögliche Strategien im Umgang mit leerstehenden Einzelhandelsimmobilien. Einblicke in die Praxis gaben fünf Projekte aus Brandenburg. Das Format wurde von Michael Reink, Bereichsleiter Standort und Verkehrspolitik des Handelsverbands Deutschland, Geschäftsführender Vorstand von urbanicom und Präsident des City-Management-Verband Ost e.V., moderiert.
Michael Reink gab in seinem einführenden Beitrag einen Überblick über die aktuelle Entwicklung der brandenburgischen Innenstädte. Die Einkaufsmöglichkeiten bleiben der wichtigste Besuchsgrund für die Innenstädte, die Frequenz hat allerdings abgenommen. Dies betreffen sowohl freie Frequenzen (wie ein Bummel durch die Stadt) als auch gebundene Frequenzen (wie der Weg zur Arbeit). Kultur könne den Wegfall der Frequenzen alleine nicht auffangen, und auch Produktion sei wegen möglicher Emissionen nicht an jeder Stelle denkbar. Das Einzelhandelsangebot stellt – nach seiner Einschätzung – auch in Zukunft neben Aufenthaltsqualität, Stadtgestaltung, touristischer Attraktivität und Erlebniswert weiterhin einen sehr wichtigen Faktor für ältere und jüngere Besuchsgruppen dar. Die Umnutzung von Einzelhandelsimmobilien sei eine Chance, verschiedene Nutzungen zu kombinieren und das Einzelhandelsangebot so zu ergänzen.
Fünf Praxisbeispiele wurden anschließend in Fachbeiträgen vorgestellt:
Ladenleerstand in der Innenstadt Meyenburgs
Stefan Simon, Leiter des Bauamts, Stadt Meyenburg
Zunehmender Leerstand in den Ladenzonen von Meyenburgs Innenstadt stellt die Stadt in der Prignitz vor neue Herausforderungen. Grund dafür ist ein anhaltender Verlust an Einwohnenden und Kaufkraft. Die Stadt befindet sich noch am Anfang des Prozesses, der auch durch eine intensive Beteiligung begleitet wird. Durch die Beauftragung eines Innenstadtmanagers erhofft sich die Stadt jetzt neue Impulse für die Belebung der Innenstadt.
Neue Nutzungen im „alten Kaufhaus“
Thomas Drewing, Wirtschaftsförderung, Stadt Seelow
Das 2008 geschlossene, zentral gelegene Kaufhaus in Seelow ist ein Beispiel für den Umbau und die Umnutzung eines solchen Gebäudes. Das Kaufhaus wurde 2014 durch die Stadt erworben. Im Zuge des Umbaus wurden 13 Wohneinheiten geschaffen. Im Erdgeschoss ist die Kreissparkasse als Ankermieter eingezogen.
Herausforderungen und Strategien für großflächige Einzelhandelsimmobilien
Bernd Schramm, Centermanagement, Centrum-Kaufhaus Schwedt
Das Einkaufscenter CKS wurde 1972 zentral in Schwedt eröffnet. Das Angebot des mittlerweile denkmalgeschützten Gebäudes wird durch das Management kontinuierlich angepasst – leerstehende Flächen gibt es dadurch wenig.
Pop-Up-Prignitz: Zwischennutzungen als Potenzial für die Innenstadt
Jens Knauer, TGZ Prignitz
Seit 2018 besteht ein aktives Leerstandsmanagement in der Prignitz. Durch eine „Miete auf Probe“ sollen neue Akteure gewonnen werden. Eine Zwischennutzungsagentur vermittelt Leerstände, Freiflächen und Veranstaltungsräume und ist Ansprechpartnerin für Eigentümer*innen und Interessierte. So sollen neue Perspektiven für den ländlichen Raum geschaffen werden.
ALWIN: Aktives Leerstandsmanagement
Antonia Gierten, Wirtschaftsförderung, Stadt Wittlich
Vier Bausteine bilden das Leerstandsmanagement im rheinland-pfälzischen Wittlich. alwin-genial bietet günstige Konditionen für innovative Ideen. alwin-direkt vermittelt zwischen Miet-Interessierten und Eigentümer*innen. alwin-popup bietet Möglichkeiten für temporäre Anmietungen. alwin-experte berät sowohl Vermieter*innen als auch interessierte Unternehmer*innen und Initiativen.
Diskussion und Resümee
- Strategieprozesse für die Innenstadt profitieren von einer intensiven Beteiligung der Bewohner*innen und den Fokus auf Schlüsselobjekte, die ortsbildprägende Wirkung haben.
- Eigentümer*innen stehen vor vielfältigen Fragen: Wie gehen sie mit Leerstand, Investitionen in den Bestand, Nutzungsänderungen oder Brandschutz um? In Austauschrunden und durch kommunale Ansprechpartner werden sie stärker in den Transformationsprozess eingebunden.
- Einzelhandelsimmobilien brauchen einen neuen Mix aus Nutzungen, die den Einzelhandel ergänzen. Frequenzbringer, wie der Lebensmittelhandel, spielen weiterhin eine wichtige Rolle.
- Kleine, inhabergeführter Geschäfte und Gastronomie prägen die Innenstadt. Für diese Betriebe sind Unterstützungs- und Kommunikationsangebote der Kommune wichtig.
- Kunst- und Kulturangebote, Vereine und andere Initiativen stellen wichtige ergänzende Nutzungen in der Innenstadt dar. Die Möglichkeit für Zwischennutzungen können diese Einrichtungen vor Ort stärken.
- Zwischennutzungsagenturen bilden eine niedrigschwellige Plattform für die Vernetzung von Eigentümer*innen mit Initiativen, Gewerbetreibenden und anderen Interessierten. Eine (zunächst) temporäre Nutzung kann ein Anreiz für Neuansiedlungen sein.
- Die Sicherung der Daseinsvorsorge und zukünftige ökonomische, ökologische und demographische Bedürfnisse bilden den Rahmen für Umnutzungskonzepte ehemaliger Einzelhandelsflächen.
Die Präsentationen finden Sie hier:
Michael Reink / Handelsverband Deutschland